Im Jahr 2016 haben die Staatsarchive der Kantone Basel-Stadt, St. Gallen und Bern zusammen mit der KOST-Geschäftsstelle im KOST-Projekt 14-026 ein konzeptionelles Modell für Archivinformationssysteme erarbeitet. Ihr Ziel: eine generische Prozess- und Informationsarchitektur zu entwickeln, um die Weiterentwicklung der bestehenden Systeme systematisch gestalten und die Veränderungen in der Arbeit der Archive in den letzten 20 Jahren einbeziehen zu können.
Nach einer breiten öffentlichen Diskussion im Verlauf des Jahres 2017 haben wir am 20. März 2018 im Rahmen eines Kolloquiums eine erste Bilanz gezogen und über die weitere Arbeit am Modell diskutiert.
Referate von Lambert Kansy (Staatsarchiv Basel-Stadt), Wolfgang Krauth (Landesarchiv Baden-Württemberg), Martin Kunz (Scope Solutions AG), Stefan Bosshard (CMI AG) und Tobias Wildi (Docuteam) beleuchteten unterschiedliche Aspekte des Modells, die in einer intensiven Diskussion unter den zwanzig Teilnehmenden geprüft wurden. Die Veranstaltung lieferte weniger Antworten als vielmehr neue und weiterführende Fragen. Vier davon dokumentieren wir im Folgenden:
Was ist überhaupt ein AIS?
Die Tatsache, dass wir der Einfachheit halber immer vom AIS reden, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass unterschiedliche Institutionen darunter ganz Unterschiedliches verstehen. Martin Kunz, CEO von Scope Solutions AG, illustrierte dies vor dem Hintergrund der Kundschaft seiner Firma: Grosse Archive brauchen mächtige, konfigurierbare Systeme; kleine Archive wünschen sich ein möglichst einfaches, elementares Tool; dazwischen existieren weitere Schattierungen. Wenn unser konzeptionelles Modell einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Systemlandschaft leisten will, muss es diese Realität stärker in den Blick nehmen.
Wie tauschen wir Daten zwischen AIS aus?
Mehrere Votanten, darunter Stefan Bosshard, Geschäftsleiter von CMI AG, identifizierten die Definition eines Austauschstandards zwischen verschiedenen AIS als dringlichstes und am breitesten akzeptiertes Desiderat, das aus dem AIS-Modell hervorgehen könnte. Gegenwärtig beruht der Transfer von Daten aus einem AIS in ein anderes auf unzulänglichen Formaten und benötigt viel Handarbeit. Für die Archive ist die Möglichkeit, über ihre zentralen Daten, nämlich die Erschliessungsmetadaten, ohne Einschränkungen verfügen zu können, von grösster Bedeutung.
Wie technisch muss unsere Diskussion sein?
Wolfgang Krauth vom Landesarchiv Baden-Württemberg stellte fest, dass das AIS-Modell ein sehr technisches Dokument ist. Archivfachliche Aspekte spielen eine Rolle, aber der Fokus liegt auf der Technik. Die Diskussionsteilnehmenden waren sich einig, dass dies im vorliegenden Fall sinnvoll ist. Die Frage, welche Ansprüche an die technische Kompetenz des Publikums gestellt werden können, und wie explizit Diskussionen im Bereich der digitalen Archivierung an die archivfachlichen Grundlagen anknüpfen müssen, bleibt aber bestehen.
Wo bleibt der kühne Blick in die Zukunft?
Tobias Wildi, Geschäftsführer von Docuteam, skizzierte eine sich rasch und entscheidend verändernde Welt, in der sich ein AIS zukünftig positionieren muss. Diese Welt wird modular sein, verlinkt (d.h. auf semantischen Modellen beruhen) und immer mehr in der Cloud stattfinden. Die Trennung zwischen Primär- und Metadaten wird an Relevanz verlieren, das heisst die Unterscheidung zwischen Findmittel und Repository wird aufgelöst. Das AIS-Modell der KOST bildet die gegenwärtige Situation präzise und brauchbar ab, äussert sich aber kaum zu diesem anstehenden Wandel. Diese Entwicklung gilt es unbedingt weiter zu verfolgen.
Die KOST-Geschäftsstelle und das AIS-Projektteam werden den Faden aufnehmen und weiterspinnen, sowohl was das Potenzial und die möglichen Formen einer weitergehenden Standardisierung eines AIS-Modells betrifft als auch die im Papier skizzierten Schnittstellen zu andern Systemen.
2018-03-20_KolloquiumAIS_Einladung.pdf, 11.5K, 04.09.24
Programm
2018-03-20_KolloquiumAIS_PraesKansy.pdf, 1.9M, 28.03.18
Lambert Kansy: Das KOST-Diskussionspapier AIS-Modell: Von der Projektidee zum Ergebnis
2018-03-20_KolloquiumAIS_PraesKrauth.pdf, 510.8K, 28.03.18
Wolfgang Krauth: Das AIS-Modell in der aktuellen deutschen Diskussion
2018-03-20_KolloquiumAIS_PraesKunz.pdf, 1.1M, 28.03.18
Martin Kunz: Trends und Entwicklungen im AIS-Umfeld
2018-03-20_KolloquiumAIS_PraesBosshard.pdf, 556.2K, 28.03.18
Stefan Bosshard: Position und Perspektiven